Bühne | 1974
Apollo und Hyacinth
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Premiere: | | 18.09.1974 |
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Libretto: | |
Pater Rufinus Widl Ordo Sancti Benedicti 1
in der Bearbeitung von Roland Tenschert in der deutschen Übersetzung von Horst Weinold |
Inszenierung: | |
Hanns-Joachim Marschall |
Puppenbau: | |
Hannelore Marschall-Oehmichen |
Kostüme: | |
Rose Oehmichen |
Bühnenbild: | |
Gertraut »Traudl« Vogler |
Musik: | |
Wolfgang Amadeus Mozart |
Musikal. Einrichtung: | |
Franz Arnold |
Musikal. Leitung: | |
Wilhelm Schoeneis |
Musiker: | |
Franz Arnold (Cembalo) |
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Inhaltsangabe:Apollo kommt in König Oebalus' Reich und verliebt sich in dessen Tochter Melia, die, wie ihr jüngerer Bruder Hyacinth, von jeher dem Gott besonders zugetan ist. König Oebalus sieht das Werben des Gottes um Melia gern, weil er von der Liebe seiner Tochter weiss. Der Höfling Zephyrus, der selbst nach Melia und dem Thron trachtet, beobachtet die Vorgänge mit Missgunst. Um seine Ziele zu erreichen, verletzt er beim Diskuswerfen den jungen Hyacinth tödlich und versucht den Mord Apollo anzulasten. Der erzürnte König verweist den Gott des Landes; die verzweifelte Melia stößt ihn von sich. Apollo, der Zephyrus' Mordtat miterlebt hat, lässt diesen in einen Sturmwind verwandeln und davontragen. Der sterbende Hyacinth berichtet dem Vater, dass nicht Apollo, sondern Zephyrus ihn verletzt hat. Apollo verzeiht dem Reuigen, verwandelt Hyacinth in die Blume Hyazinthe und erhält Melia zur Gattin.
Bühnenbild und Szenenfolge:
Apollo und Hyacinth ist eine Oper in einer Ouvertüre und drei Akten. Weitergehende Angaben zur Szenenbildbeschreibung wurden in den Programmheften nicht publiziert. Auch in der verwendeten Übersetzung Dr. Horst Weinolds sind die Szenenbilder nicht beschrieben, wohl aber in der zugrundeliegenden Bearbeitung
Apollo und Hyazinthus oder Die Verwandlung des Hyazinthus von Dr. Roland Tenschert aus Wien:
1.Akt: Lacedämon, öffentlicher Platz vor dem Tempel des Apoll
2.Akt: Ein Garten in Oebalus' Wohnbereich
3.Akt: Bewaldete Gegend am Ufer des Eurotas
Figuren und Sprecher:
1. Akt: König Oebalus (2. v. r.) lässt von einem Priester (m.) zu Ehren des Gottes Apollo ein Opfer bringen. Seine Tochter Melia (r.) begleitet ihn. Auch sein Sohn Hyacinth (2. v. l.) und dessen bester Freund Zephyrus (l.) wohnen dem Opfer bei.
[© Fotostudio Meile]
Apollo erscheint an der Opferstätte, nachdem diese infolge von Zephyrus' Götterspot durch einen Blitz zerschlagen wurde.
[© Fotostudio Meile]
Oebalus und Melia haben Apollo versöhnt – der Tempel fügt sich wieder zusammen
[© Fotostudio Meile]
2. Akt: Zephyrus bedrängt die um Hyacinth trauernde Meila ihn zu heiraten.
[© Fotostudio Meile]
3. Akt: König Oebalus mit dem sterbenden Hyacinth
[© Fotostudio Meile]
3. Akt: Apollo hält bei Oebalus um Melias Hand an
[© Fotostudio Meile]
Kritiken/ Pressestimmen:Mozart mit Marionetten-Charme
»Apollo und Hyacinth« als köstliche Opern-Rarität in der Augsburger Puppenkiste
Eine der liebenswürdigsten Raritäten, mit denen das »Deutsche Mozartfest 1974« in Augsburg zwischen dem 27. September und 4. Oktober aufwarten wird, hatte bereits Premiere. Die fernsehberühmte Augsburger Puppenkiste hat mit liebender Sorgfalt Mozarts Opern-Erstling »Apollo und Hyacinth« als Marionettenspiel aufbereitet.
Laut Textbuch komponierte »Wolfgangus Mozartus undecennis«, was bedeutet der elfjährige Wolferl, das Stück als eine der damals üblichen lateinischen Schulkomödien. Aus der Sage, dass Apollo seinen Freund Hyacinthus beim Diskuswerfen getötet haben soll, destillierte Mozarts humanistischer Librettist, namens Pater Rufinus Widl (1731 bis 1798), ein Lehrstück nach damals üblicher Fasson mit Prolog und drei Akten, worin Bosheit und Edelmut zu den gebotenen dramatischen Verwicklungen führen und am Ende sich alles in göttliche Harmonie auflöst. Apollo erhält Melia, die Tochter des Königs Oebalus zur Gattin, nachdem er sich von dem schnöden Verdacht befreien kann, Melias Bruder Hyacinthus beim Diskuswerfen getötet zu haben. Der Schurke Zephyrus, der dies tat, um Apollo als Liebhaber bei Melia auszuschalten, löst sich in Luft auf. Am Ende dieses aufregenden Eifersuchtsdramas sprießen an Hyacinthens Grab wundersame Blumen – fürderhin Hyazinthen genannt – als Zeichen seiner völligen Entsühnung.
Erstaunlich ist die Beherrschung des musikalischen Handwerks, die der elfjährige Komponist hier erweist, indem er sein Stück mit allen Errungenschaften des damals neuen musikdramatischen italienischen Stils anreichert. Einer artigen Ouvertüre folgen drei wohlgebaute Akte, in denen sich die Arien (fast immer in der dreiteiligen Dacapo-Form geschrieben), Duette und Terzette geschmeidig aneinanderreihen. Zwischen mancherlei musikalischer Konvention kündigt sich das Genie wiederholt in delikaten melodischen Erfindungen an, vor allem aber durch seinen untrüglichen dramatischen Instinkt. Die Szenen, in denen die Götter das Opfer des Oebalus verweigern und seinen Altar zerstören, in denen Zephyrus in einen Wind verwandelt wird, sind bereits von packender Kraft.
Keine Aufführung von Apollo und Hyacinth auf der Opernbühne wird es an rührendem Charme mit dem Marionettenspiel aufnehmen können, das Hanns Marschall für die Puppenkiste inszeniert hat. Die unwirkliche Eleganz der Bewegung, die nur die Marionette hat, die Naivität der Figuren, entspricht ideal dem kindlichen musikalischen Opus, in dem ein Elfjähriger schon so viel Kunstverstand offenbart. Traudl Voglers entzückendes Bühnenbild in antik-barocker Mischung, versehen mit anmutigen Zaubereffekten, Hannelore Marschall-Oehmichens klare, ausdrucksvolle Puppen, von Rose Oehmichen stilecht kostümiert, lassen nichts an szenischem Reiz zu wünschen übrig.
Mit anspruchsvollen musikalischen Aufgaben hat Wolfgangus Mozartus schon die Sänger und Instrumentalisten in seinem Opernerstling bedacht. Unter der inspirierten musikalischen Leitung von Wilhelm Schöneis – Einstudierung und am Cembalo: Franz Arnold – bringt (auf Band) ein nicht genanntes Orchester mit beachtlichem Feinschliff die lyrischen und dramatischen Ergießungen des knabenhaften Komponisten zum Klingen. Unter den Sängern muss an erster Stelle der linear geführte helle Sopran von Waltraud Fottner genannt werden, die der schwierigen Partie der Melia mit der Kunst stilsicherer Phrasierung begegnet. Anette Mallin leiht dem Apollo ihren schön timbrierten Mezzosopran und viel dramatisches Feuer. Rudolf Schwab als Oebalus reicht mit seinen tenoralen Fähigkeiten noch nicht ganz an die kultivierte Gesangskunst der Damen heran, deren Quartett noch durch Helga Mösbauer (Zephyrus) und Eva Schetter (Hyacinth) aufs beste vervollständigt wird. Vier Sängerinnen, deren klare, mitunter fast knabenhafte Stimmen die exakte vokale Ergänzung zum Stil der Marioentten bilden.
Das Augsburger Marionettentheater besitzt mit dieser mozärtlichen Rarität ein neues Juwel. Der Beifall am Premierenabend verriet es unmissverständlich.
(Dr. Thea Lethmair am 21.09.1974 in der Augsburger Allgemeinen Zeitung)